Der neue Trend: Flirten im Supermarkt

Münster - Flirten im Supermarkt? Zugegeben, die Idee klingt logisch: Neuerdings haben Supermärkte bis spät am Abend auf. So kann man schon im feinen Ausgehzwirn in den Markt gehen, weil der spätere Gang in die Disco sowieso ansteht. Das ist Flirt-Rationalität par excellence. Hinzu kommt, dass man in jeglicher Hinsicht unbemerkt das Angebot ausloten kann. Im Gegensatz zur Disco versteht man sein Gegenüber auch problemlos, denn aus den Lautsprechern kommt höchstens leise säuselnde Schlagermusik. Die Rahmenbedingungen könnten also schlechter sein für den Selbstversuch in einem Rewe-Markt an der Hammer Straße.
Bericht/Foto: Mathis Vogel, WN.de
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Dennoch habe ich noch nie im Supermarkt geflirtet und muss erst Informationen einholen. Auch meine Freunde wollen ihren verlegenen Blick im Supermarkt noch nie von den Joghurtbechern gehoben haben, wissen aber, dass es Märkte gibt in denen junges Publikum zu später Stunde noch das eine oder andere Bier, als auch Tiefkühlkost besorgt. Und sogar von den Märkten mit den hübschesten Kassiererinnen wissen die angeblich Ahnungslosen zu berichten.

Zunächst einmal: Es gibt neuralgische Punkte im Supermarkt. Dazu zählen der Leergutautomat und die Kasse. Hier kann sich die Zielperson des Gesprächsversuchs nicht erwehren. Um Nachahmungen zu vermeiden, sei bemerkt, dass die Sätze „Na, hast du das alles alleine getrunken?“ und „Wenn wir deinen Reis und meine Tomaten zusammen schmeißen, haben wir schon fast eine Paella“ nicht zum erhofften Erfolg führen. Manchmal muss man einfach geduldig sein, dann hilft auch der Zufall.

Einem Mädchen vor dem Käseregal fällt eine Schachtel Kekse aus ihrem Korb. Ich eile herbei und hebe sie für sie auf. Sie guckt mich jedoch nicht einmal an, sagt flüchtig „Danke“ und verschwindet in Richtung Kasse. Merke: Gut gemeinte Hilfestellungen können Skepsis auslösen.

Als ich mich gegen eine Tiefkühltruhe lehne, geht mir etwas auf: Warum denn so kompliziert? Ein Supermarkt ist doch auch nur eine Disco! Taktik bringt nichts. Wer jemanden kennen lernen will, muss einfach nett sein. Plötzlich steht ein blondes Mädchen am Gemüseregal. Sie hat zwei Milchtüten unter dem Arm. Ich probiere es einfach und direkt: „Hallo, ich bin Mathis“. „Hey, ich heiße Fiona. Du streunst hier auch schon länger herum oder?“ Erwischt! Meine Gesichtsfarbe passt sich den Tomaten aus Holland an. „Lass uns was trinken gehen“, schlägt sie vor. Ich bekomme kein Wort heraus. „Ich warte nämlich schon länger darauf, dass du mich endlich mal ansprichst“. Ich frage sie mit stotternder Stimme, woher sie wissen wolle, dass ich gar nicht zum einkaufen hier sei. „Weil du an jedem Regal angestrengt neben mir gestanden hast“. Ich habe eben genau wie sie lediglich eingekauft, versuche ich mich zu verteidigen. „Und du suchst zehn Minuten lang Damenbinden aus?“, fragt sie darauf hin.
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Quelle: WN.de
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